Stadt und Natur gehören zusammen
„Die Natur existiert ohne den Menschen, aber wir Menschen können nicht ohne die Natur sein“, appellierte Ernst Paul Dörfler am 11. Dezember 2018 im gut besuchten IBA-Shop Magdeburg. Der Ökologe und Schriftsteller eröffnete mit seiner Präsentation Stadt und Natur – die vergessene Bauhaus-Idee die Lesereihe des Fördervereins der Schriftsteller e. V. im Rahmen des Projekts form & SRACHE.
Eröffnet wurde der Abend von Ursula und Lothar Günther mit Zitaten um den Architekten und Stadtplaner Bruno Taut, der 1921 vom damaligen Bürgermeister Magdeburgs, Hermann Beims, zum Stadtbaurat berufen wurde. Denn einhundert Jahre Bauhaus bedeuten ebenso einhundert Jahre Neues Bauen in Magdeburg. Dörfler griff die Anregung durch form & SPRACHE auf, folgte den Spuren der Bauhäusler und der Architekten der Magdeburger Moderne und betonte, dass er sich erst durch das Projekt des Fördervereins so intensiv mit dem Thema befasst hätte. Es sei für ihn neues Terrain gewesen und er habe vieles entdeckt, das zu damaliger Zeit ökologisch vorbildlich gewesen sei.
Was haben die Bauhaus-Ideen mit Natur zu tun, zumal Bauen meist mit Naturverdrängung einhergeht?
An den beispielhaften Umweltfaktoren Licht, Energie, Wohnen und Ernährung zeigte Ernst Paul Dörfler auf, dass die Bauhausprotagonisten schon vor einhundert Jahren durchaus dem ganzheitlichen Denken verbunden waren. „Licht streichelt die Seele“, so Dörfler. Den Architekten war es wichtig, Tageslicht in die Wohn- und Arbeitsstätten der Menschen hineinzulassen. Es war ihnen genauso wichtig, dass Wohnraum auch für Arbeiterfamilien erschwinglich ist und dass sie sich gesund ernähren können – durch Selbstversorgung aus dem eigenen Garten. Der sparsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Elektrizität, die Reduktion des Verbrauches auf das Notwendige, die teilweise Selbstversorgung als Ergänzung zu einer giftfreien Landwirtschaft, die Wertschätzung unserer Lebensmittel, das Praktizieren von Stoffkreisläufen und die Abfallvermeidung sind Grundsätze, die heute aktueller sind denn je. Diese Grundprinzipien, sie könnten als „grüne Bauhaus-Ideen“ bezeichnet werden, sind nicht etwa altmodisch, sie sind regelrecht modern, weil nötig.
Bei den Zuhörern traf der Vortrag auf große Resonanz. Ohne Denkpause stiegen sie in die anschließende Diskussion ein. Es zeigte sich, dass viele von ihnen bereits in Interessengruppen aktiv sind, auch im Sinn des Erhaltens oder Wiederherstellens naturnaher Stadträume. Dörflers Vortrag – ohne erhobenen Zeigefinger, mit dem ihm eigenen leisen Humor, aber immer ernsthaft und authentisch – hinterließ viel Nachdenklichkeit, das zeigte der Gedankenaustausch mit dem Publikum, der sich nach Veranstaltungsende selbst vor dem IBA-Shop fortsetzte.
Der Förderverein dankt der Stadt Magdeburg für die Möglichkeit der Lesung an diesem zentralen Ort.